Stellungnahme zu dem Zeitungsartikel der Dürener Zeitung vom 24.7.2023 / Einladung zum Gesprächsabend

Liebe Mitchristen,

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Datum:
Do. 3. Aug. 2023
Von:
 Pfarradministrator Msgr. Norbert Glasmacher

seit geraumer Zeit veröffentlicht die Aachener bzw. Dürener Zeitung die Namen von Geistlichen, die im Bistum Aachen Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben. In der Ausgabe vom 24.07.2023 haben wir mit großer Bestürzung den Bericht über den damaligen Pfarrer Johannes Besgen gelesen, der von 1971 bis 2007 in den Gemeinden Unter- und Obermaubach tätig war.   

Pfarrer Walter Hütten, der lange Jahre in diesen Gemeinden Pfarrer war und dort auch weiterhin seelsorgliche Dienste leistet, hat vor der Messe am vergangenen Sonntag, den 31. Juli 2023 zu diesen schrecklichen Nachrichten folgende Gedanken mit den Messbesuchern geteilt, die wir hier mit seiner Zustimmung veröffentlichen möchten: 

Liebe Mitchristen,

es mag Sie überraschen, dass ich schon vor Beginn der Messfeier scheinbar die Predigt vorwegneh­me. Es hat sich etwas ereignet, dass mich, und ich vermute Sie alle, sehr betroffen gemacht hat.

Am vergangenen Montag erschien in der Dürener Zeitung ein ganzseitiger Artikel, indem unser frü­herer Pfarrer, Johannes Besgen, des Missbrauchs eines jungen Menschen beschuldigt wird. Vom zehnten Lebensjahr an, fünf Jahre lang, so schreibt die Zeitung, wurde der Heranwachsende miss­braucht. Verständlich, dass dies alles uns sehr schockiert hat. Passt es doch nicht in das Bild, dass wir bisher von Pfarrer Besgen hatten. Ein Bericht, der unser Vertrauen in Pfarrer Besgen schwer er­schüttert hat. In den vergangenen Tagen wurde ich mehrmals auf diesen Artikel angesprochen. Die Reaktion in unserer Gemeinde geht von „dies habe ich schon immer vermutet“ bis hin zur Frage: „Stimmt das überhaupt, was in der Zeitung steht?“

Dieses Geschehen, von dem die Zeitung berichtet, lenkt unseren Blick wieder auf die zahlreichen Fälle von Missbrauch durch Priester, Diakone, Ordensleute und Laien im kirchlichen Dienst. Junge Menschen wurden auf schrecklicher Weise für ihr Leben gezeichnet. Kinder und Jugendliche, die unseres besonderen Schutzes bedürfen, erlebten sexualisierte Gewalt und Missbrauch. Ihr Vertrauen in einem Menschen, der ja auch Kirche repräsentierte, wurde auf schändlicher Weise zerstört. Ich empfinde Scham für dass, was sie, Mitbrüder habe ich sie immer genannt, getan haben. Lange sind ihre Taten verschwiegen oder vertuscht worden. Dies hat das Leid der Betroffenen noch verstärkt. Auch wenn es für die Kirche allgemein schmerzlich ist, wir müssen bekennen, dass viele schuldig geworden sind. Ich kann es nur schwer fassen, dass nun Pfarrer Besgen mit zu diesem Personenkreis gehört.

Das Geschehen durch die Zeitung zu erfahren, stimmt mich wütend und ich bin enttäuscht. Die ver­antwortlichen Stellen im Bistum wussten über diesen Vorgang und haben uns vor Ort nicht infor­miert. Der Bericht war meine erste Information und ich vermute, auch für Sie.

Bei Rückfrage im Generalvikariat wurde mir mitgeteilt, dass für den Herbst vorgesehen ist, die Na­men von Tätern sexualisierter Gewalt öffentlich zu nennen. Ich persönlich hätte mir eine frühere In­formation seitens des Generalvikariates gewünscht.

Ich finde es wichtig, dass wir jetzt nicht die Augen vor dem verschließen, was geschehen ist. Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien, bei all jenen, die fast ihr ganzes Leben diese gro­ße Last mit und in sich herumgetragen haben. Ich möchte Sie alle ermutigen, diese Taten anzuzei­gen, wenn Sie persönlich betroffen sind oder von ihnen erfahren haben.

Diese Geschehnisse machen unmissverständlich klar, wie wichtig hier Aufklärung und Prävention doch sind. Missbrauch ist ein Thema, das uns alle betrifft und angeht. Solche schlimmen Taten sind nicht weit weg, sondern wir erleben sie ganz ganz nah.

Da reicht auch keine Entschuldigung – es gehört an die Öffentlichkeit, Verschweigen und Verdecken sind keine Optionen. Mir, als ihr früherer Pfarrer, fehlen die Worte und ich spüre in mir Enttäuschung, Leere, aber auch Wut.

Der Bericht in der Zeitung sollte uns alle anspornen, alles zu tun, um unsere Kinder und Jugendli­chen heute zu schützen.

Ich möchte alle Frauen und Männer, die in dieser Zeit Opfer gewesen sind und sich noch nicht ge­meldet haben, ermutigen, dies in diesen Tagen zu tun.

Es fällt mir schwer, Ihnen dies heute zu sagen. Es ist unabdingbar notwendig, nicht weg- sondern noch genauer hinzuschauen und Stellung zu beziehen zu diesem unbegreiflichen Geschehen.

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir die Kirche betreten, legen wir nicht ab, was vor der Kirche zu unserem Leben gehört. Dieser Ort hier ist nicht Stätte von heiler Welt. All die Erfahrungen von Freude und Glück, aber auch von Trauer, Not, Leid, die Erfahrungen von Krankheit, von Katastrophen und von Krieg wie auch von Enttäuschung gehören zu unserem Leben und genau hier ist der Ort, um darüber mit Gott ins Gespräch zu kommen und von ihm Kraft und Hilfe zu erhalten.

Das Wort Gottes ist ein Schatz, den es zu erkennen und zu heben gilt. Ein Schatz, von dem heute das Evangelium spricht. Menschen haben ihre Erfahrungen mit Menschen und das Handeln Gottes in der Bibel niedergeschrieben. Auch hier lesen wir von Sex und Crime, angefangen von Noah über Sodom bis hin zu David und der Ehebrecherin im Johannesevangelium. Gott lässt Menschen in ihrer Not, in ihrem Leid nicht allein.

Vertrauen wir uns ihm an, auch wenn wir bisweilen von Menschen enttäuscht werden. Öffnen wir ihm unser Herz und bitten um ein hörendes Herz, wie es Salomo getan hat.

 

Wir, die in den Kreuzauer Gemeinden in der Seelsorge tätigen hauptamtlichen Mitarbeiter, schließen uns diesen Gedanken und Gefühlen von Pfarrer Hütten an und möchten hiermit auch unsere Bestürzung und tiefe Betroffenheit über das Geschehene zum Ausdruck bringen.

Darüber hinaus möchten wir mitteilen, dass wir jeglichen Verdacht von sexuellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt sehr ernst nehmen und jedem einzelnen Betroffenen die notwendige Hilfe und Unterstützung zukommen lassen möchten. Dazu bieten wir neben unseren Kontaktinformationen auch die der

Präventionsbeauftragten für das Bistum Aachen
Frau Mechthild Bölting
Tel. 02421 452204
mechthild.boelting@bistum-aachen.de

an, an die Betroffene sich in aller Verschwiegenheit wenden können. 

Weitere Informationen zur „Prävention und Hilfe bei sexualisierter Gewalt“ www.praevention-bistum-aachen.de

Gleichsam möchten wir zu einem Gesprächsabend einladen, an dem alle, die sich zu diesem Thema äußern möchten oder Fragen haben willkommen sind und Gehört finden und der stattfinden wird am:

Gesprächsabend am:

Dienstag, dem 8. August um 19:00 Uhr im Pfarrheim in Untermaubach.

Wir wissen, dass all das, was wir auch anbieten können, das Leid der Opfer, die Fassungslosigkeit unserer Gemeindemitglieder und die Wut vieler Menschen nicht einfach lindern kann. Wir wollen sie aber auch nicht damit alleine lassen.

 Pfarradministrator Msgr. Norbert Glasmacher und Gemeindereferentin Monika Schall

Stellungnahme zu dem Zeitungsartikel der Dürener Zeitung vom 24.7.2023